Wie werde ich (wieder) Klinik-Lieferant?

Über die Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Vertrieb vor und nach Corona

Wer hätte das für möglich gehalten? Ein kleiner Virus bringt die doch so lang etablierten Prozesse in der Zusammenarbeit zwischen Klinikeinkauf und Medizinproduktevertrieb doch gehörig ins Wanken. Bisher für eine nachhaltige und langlebige erfolgreiche Zusammenarbeit essentielle Dinge wie wirtschaftliche Preise, Expertise im Krankenhaus oder gar eine Listung in einer Einkaufsgemeinschaft spielten für die sehr dringend nachgefragten Artikel kaum noch eine Rolle. Waren diese in der Vergangenheit noch die Eintrittskarten für die Zusammenarbeit mit dem Klinikeinkauf, so reichte nahezu nur noch ein „Ja“ auf die Fragen „Haben Sie Ware für uns, können Sie liefern?

Die Wichtigkeit des Einkaufs steigt

Aber nicht nur die Stunde der bisweilen branchenfremden Lieferanten hatte geschlagen. In der Krise stieg die Bedeutung des Einkäufers wie Phönix aus der Asche. Und es war auch nicht so wichtig, dass viele Einkaufsabteilungen das taten, was sie seit eh und je tun – Einkaufen. Aber dies dann wenigstens für alle spür- und sichtbar. Plötzlich hatte die Einkaufabteilung ein Gesicht und das Ergebnis der Arbeitsleistung war erkennbar.

Aber wie wird sich das Bild des Einkäufers nachhaltig wandeln (müssen), was müsste anders, besser gemacht werden, um nicht nur in Krisenzeiten wahrgenommen zu werden? Wie wird sich die Zusammenarbeit mit Lieferanten der Medizinprodukte und Medizintechnik ändern? Ist jetzt die (einmalige) Chance für Unternehmen, die bisher in anderen Branchen oder im ambulanten Segment zu Hause waren und nun die Klinik als potentiellen Absatzmarkt für sich entdecken?!

Die Corona-Krise hat bis dato sicherlich Eines gezeigt: die Art und der Weise der Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Lieferant, aber auch die Kommunikation innerhalb der Klinik mit und für den Einkäufer war und ist nicht optimal und in beide Seiten ausbaufähig, nicht zuletzt auch der sprichwörtliche Wert einer gut funktionierenden Einkaufabteilung. Niemand konnte die Corona-Krise mit all ihren dramatischen Auswirkungen und Konsequenzen voraussehen, aber hat sich nicht Eines zu Tage gefördert: Themen wie kooperative Lieferantenbeziehungen, Priorität von Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Produkten und nicht zuletzt die vielbeschworene Digitalisierung sind Themen, die in der Vergangenheit nicht mit der notwendigen Intensität betrieben worden sind. Nicht zuletzt, weil auch die Rufer aus der Wüste immer nach Wasser, sprich den maximal wirtschaftlichsten Preis forderten und fordern.

Also, worauf warten wir?

Das Relationship Management zwischen Einkauf und Lieferant muss und wird neu durchdacht werden müssen. Das gegenseitige Verständnis von den Aufgaben und Zielen des jeweiligen Gegenübers wird optimiert und maximiert werden müssen, um auch in kleineren Krisen gemeinsam die Qualität und Versorgungssicherheit für die Kliniken und schlussendlich für deren Patienten zu gewährleisten. Aber das Thema Lieferzuverlässigkeit war auch schon vor Ausbruch des Covid-19-Viruses ein Thema, auch in den letzten Jahren gab es in verschiedenen Warengruppen immer wieder mal Lieferengpässe, welche die Einkaufsabteilungen auch an den Rand der Verzweiflung getrieben haben. Also darf und kann man Corona durchaus auch als Ausgangs- und Wendepunkt für die Versorgungsprozesse sehen?! Sei es, dass die Kliniken ihre Lagerflächen und Bestellzyklen überdenken, Lagerflächen für Massenprodukte konzeptionell auslagern („Pandemielager“) oder komplett mit einem Logistiker zusammenarbeiten. Alles ist möglich, aber nichts ist fix.

Aber vor der Lieferung steht natürlich die Verhandlung mit der Einkaufsabteilung. Wie kann also den bisherigen Lieferanten ggf. verlorenes Terrain in der Klinik wieder zurück zu erobern? Wie kann ein bisher branchenfremder Lieferant – wenn er dies im normalen Alltag überhaupt will – auch weiterhin Umsätze generieren? Wie kann ich den als Unternehmen nach dem ambulanten, auch (stärker) in den stationären Markt eindringen.

Jeder muss den Anderen verstehen

Dabei ist es für alle Unternehmen der jeweiligen Ausgangssituation wichtig (noch mehr) zu verstehen: Warum trifft die Einkaufabteilung eine Entscheidung in die ein oder andere Richtung? Inwieweit werden diese Entscheidungen durch interne Entscheidungsträger (dem jeweiligen Anwender) oder externe Vertragspartner (Einkaufsgemeinschaften) beeinflusst? Wie kann ich dem Einkäufer unterstützen, dass er mich nur als Lieferant, sondern als Partner begreift?

Durch die gemeinschaftliche Lösung solcher Fragestellungen, können beide Seiten jeweils auf die andere Schreibtischseite blicken und somit eine langfristige Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit stellen. Aber Vorsicht! Hier gibt es für das Unternehmen keinen schematisierten Ablauf. Was in einem kleinen kommunalen Krankenhaus erfolgreich gewesen ist, kann in einem privaten Klinikum auf wenig Gegenliebe stoßen. Auch die jeweilige Intensität der Zusammenarbeit des Klinikums mit einer Einkaufsgemeinschaft, kann dazu führen, dass Konzepte optimal durchgeführt werden und als Kopie für andere Einrichtungen gelten kann. Aber auf der anderen Seite besteht durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Einkauf und Einkaufsgemeinschaft immer das Risiko, dass man als Unternehmen gar nicht die Möglichkeit erhält, konzeptionell zu denken bzw. den Fuß die Tür des Klinik-Einkaufs zu bekommen. Da steht vor dem Büro des Klinikeinkäufers ein virtuelles Schild: „Firmen ohne Listung in unserer Einkaufsgemeinschaft müssen draußen bleiben“.

Der persönliche Kontakt ist unersetzbar

Deshalb ist es für den Vertrieb der Unternehmen essentiell wichtig, den persönlichen Kontakt zum Einkäufer zu suchen und auch zu finden und sich auch die Gepflogenheiten des jeweiligen Hauses zu halten. Die manchmal noch auftretende Vorgehensweise, dem Anwender zuerst von meinem Produkt derartig zu überzeugen, dass der Einkäufer aufgrund von Druck des Chefarztes oder Anderer dann kaufen muss, ist weder zielführend noch nachhaltig. Nur durch einen vertrauensvollen und persönlichen Kontakt mit dem jeweiligen Einkäufer, erhält man als Außendienst-Mitarbeiter die Chance tiefer in Denkweise des Kunden einzutreten, seine Zielgruppe (nämlich den Anwender meines Produktes) besser zu verstehen und individueller zu betreuen. Die Digitalisierung ist dabei auch Mittel zum Zweck, erste Kontaktaufnahmen sind virtuell meistens schneller möglich und bilden aber allenfalls die Basis für persönliche, u.U. regelmäßige Treffen mit Einkauf und Anwender. Aber der weitaus größere Wert für beide Seiten liegt in der papierlosen digitalen Beschaffung, von der Bestellung bis hin zu Rechnung. Alles ohne Fax und Telefon, sondern schnell, einfach, bedarfsbezogen und natürlich wirtschaftlich effizient.

Verstehen Sie mich, dann verstehe ich Sie auch

Gegenseitiges Vertrauen, Verständnis für die ggf. reglementierenden Rahmenbedingungen der anderen Seite und realistische Zielsetzungen in der Zusammenarbeit helfen beiden Seiten. Dem Lieferanten, einen langfristig und wirtschaftlich interessanten Kunden zu gewinnen. Wenn der Einkäufer von dem Unternehmen und vom Produkt überzeugt ist, kann er (und nur dann!) auch intern den Anwender überzeugen.

Dem Klinikeinkauf, seine Stellung und Bedeutung innerhalb der Klinik auch abseits von Masken und Schutzkittel noch mehr zu etablieren und sich noch mehr zu dem zu entwickeln, wo er hingehört: weg vom Beschaffer hin zum Strategen, der nicht nur Kosten reduziert, sondern auch Erlöse optimiert und ist somit ein perfekter Geschäftspartner für jedes Unternehmen.

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